Balu hat mich gebeten, euch seine Geschichte zu erzählen.
Er möchte, dass ihr erfahrt, dass er mutig ist.
Jetzt sitzen wir beide hier zusammen im Garten, an einem der letzten schönen, warmen Tage in diesem Jahr und schreiben zusammen seine Geschichte.
Balu kam am 27.Dezember 2018 zu uns.
Wir suchten einen neuen Partner für Nala, die kurz zuvor ihren Kasimir verloren hatte und so fuhren wir ins Tierheim.
Uns wurden viele Kaninchen gezeigt, aber als Balu und ich uns sahen, wussten wir, dass wir zusammengehören und er mit uns nach Hause fahren würde. Seine großen wunderschönen Augen waren damals ein einziger Hilferuf.
Er war mitten im Winter in einem Karton ausgesetzt im Wald mit einem anderen Kaninchenmann gefunden wurden. Sie waren beide nicht kastriert und hatten sich dementsprechende Wunden zugefügt.
Für Balu ein traumatisches Erlebnis.
Hier zuhause war er verschlossen, ängstlich und sein Trauma erlaubte es ihm nur schwer, sich auf Nala oder auf uns einzulassen.
Den Winter über behielten wir die beiden drinnen und Balu bekam die Zeit, die er brauchte, um zu heilen. Ich sprach viel mit ihm und erklärte ihm, dass wir uns einfach freuen, dass er da ist. Dass wir nichts von ihm erwarten und dass er so, wie er ist, sehr liebenswert und toll ist.
Nach und nach bekam er mehr Zuvertrauen und er eroberte so langsam seine kleine Welt. Irgendwann traute er sich aus dem Zimmer heraus, erkundete die Wohnung und wurde mutiger.
Im Frühjahr bekam er dann die Möglichkeit nach draußen zu gehen, in den Garten. Lange traute er sich diesen großen Schritt nicht zu. "Das ist zu viel für mich. Zu unübersichtlich. Ich weiß nicht,
was dort auf mich zukommt" sagte er. Ich sagte ihm, dass es okay sei, wenn er nicht raus möchte, er darf entscheiden, aber ich sagte ihm auch immer wieder, wenn ich im Garten war, dass ich auf
ihn aufpassen würde, wenn er sich irgendwann mal traut.
Eines Tages nahm er sein Hasenherz in die Hand und rannte los in den Garten. Er flitzte einfach drauflos und rief mir zu: "Ich laufe! Ich laufe!" und ich rief voller Freude zurück: "Ich sehe es! Ich bin hier!" Seine Angst war in diesem Moment sehr deutlich zu spüren, aber er hatte sich entschieden, dieser Angst nicht mehr die Oberhand zu lassen. Er hatte sich entschieden, mutig zu sein! Dieser Tag veränderte fast alles bei ihm.
Seit er in den Garten geht ist sein Trauma so gut wie verheilt. Er lässt sich nicht mehr von der Angst leiten, sondern geniesst sein Leben und geniesst seine Freiheit. "Der Garten bedeutet
Frieden für mich " sagt er voller Stolz. "Ich lebe im Einklang mit der Natur. Sie nimmt mich auf, sie lässt mich so sein, wie ich bin. Ich kann mich verstecken, ich kann mich ernähren, ich kann
laufen und springen. Ich kann unabhängig und frei sein."
Heute ist er zum ersten Mal mit seinen neuen Gruppenmitgliedern Ben und Fietje im Garten und ich soll euch erzählen, dass er sich diesmal bei der Vergesellschaftung nicht hat unterkriegen lassen.
"Es ist vorbei, dass alle immer auf mir rumhacken können. Ich bin friedvoll, aber ich lasse mir nicht mehr alles gefallen. Erzähl' ihnen von meiner Schramme im Ohr" sagt er stolz und
erhaben. "Sie ist ein Zeichen meiner Selbstachtung. Ich habe mich verteidigt."
Ich lächle und sage ihm, dass ich seinen Stolz spüren kann und mich für ihn freue! Und ich bekomme den Auftrag, die Schramme zu fotografieren und euch zu zeigen. Ihr seht sie oben auf dem
Titelbild.
Ich kann seine Lebensfreude, sein Selbstvertrauen und sein Glück spüren. Und ich lerne, zu vertrauen, dass er seine Angelegenheiten nun selbst für sich regeln kann und seinen Platz in der Gruppe
finden wird, an dem er sich wohl fühlt. Er ist immer noch ein sensibler, liebevoller und sanfter Kaninchenmann, aber er ist selbstbewusst, unabhängig und "Ich bin mutig" sagt er zum Abschluss und
startet zu einem Sprint mit Luftsprüngen in den Garten.